„Wir fragen uns immer mehr, ob sich die politischen Verantwortungsträger der tatsächlichen Entwicklungs-Chancen von Freudenberg bewusst sind,“ äußert sich Gerhard Böcking aus Bühl von der Initiative zum Erhalt des Ischeroth. Gerade die Daten aus den letzten Wochen müssten Anlass zum nochmaligen Nachdenken geben. So seien 2017 die Bodenpreise für Wohnbebauung im Kreis Siegen-Wittgenstein um durchschnittlich vier Prozent gestiegen, in Freudenberg aber betrug die entsprechende Steigerung zehn Prozent. „Der Wohnwert dieser Stadt wird also gesucht, auch trotz des höchsten Grundsteuer-B-Satzes (650 Prozentpunkte) im Kreisgebiet.“ Außerdem werde Freudenberg eine deutlich über dem Kreisdurchschnitt liegende Einzelhandelsrelevante Kaufkraft attestiert (Kennziffer Kaufkraftindex Kreis 99,9, Freudenberg 102,5). „Freudenberg profitiert danach signifikant von seinem Image als angenehmes Wohnquartier in natürlicher Umgebung mit hohem Erholungs- und Freizeitwert“, so Böcking.
Um so unverständlicher sei, dass Freudenberg diesen urbanen Erfolgskurs verlassen wolle, wundert sich Peter Künstler. Der jetzt mit knapper Mehrheit verabschiedete Verhandlungsauftrag an die Bürgermeisterin sehe vor, auf dem weithin sichtbaren und raumbedeutsamen Ischeroth ein Industriegebiet für solch störendes Gewerbe vorzusehen, dass in anderen Gewerbegebieten nicht zulässig ist. Peter Künstler: „Diese Formulierung ist keine Übertreibung der Initiative, sondern das steht so im Paragraphen 9 der Baunutzungsverordnung.“ Und er verweist des Weiteren auf den betreffenden Regionalplan, wo für das Gewerbegebiet Wilhelmshöhe-Nord (Vorlage 27/04/14 RP Arnsberg, Seite 18) ausdrücklich von der „überwiegenden Festlegung von GI für störende, insbesondere emittierende Nutzungen“ die Rede ist. Von dieser Berghöhe aus würden bei einer Verwirklichung der Bürgermeisterin-Pläne in weitem Maße die Wohnlagen von Freudenberg, Büschergrund und Bühl massiv bedrängt.
„Die Siedlungsbereiche, die vom Ischeroth aus zu sehen sind, werden auch die Gebiete sein, von denen aus die Hallenkomplexe für die störende Industrie zu erblicken sind“, ergänzen die beiden Ortsvorsteher Friedhelm Höfer (Bühl) und Matthias Irle (Büschergrund). Das treffe nicht nur Bühl und Büschergrund, sondern dies sei auch von der Evangelischen Kirche und dem Pfarrhaus im Alten Flecken aus genauso der Fall, wie von der Lagemannstraße, dem Krankenhaus oder dem Kurpark. Dieses Gewerbegebiet sei eine maßlose und deshalb schädliche Überformung mit einer negativen städtebaulichen Raumwirkung gerade für den Zentrumsbereich. Letztens sei zwar von zusätzlichen Böschungen geredet worden. Die Gebäudehöhen würden diese aber deutlich überragen. „Die kahlen und eben nicht bepflanzten Böschungen sind derzeit modellhaft von der Kreuztaler Straße aus auf der Wilhelmshöhe unterhalb des Baumarktes zu besichtigen.“
Im Rückblick auf die Bürgerversammlung Ende Januar wundert sich Christine Reif über einen Punkt: „Im Regionalplan (Seite 43) formulierte die Bezirksregierung noch, sie werde darauf achten, dass die Stadt Freudenberg auch ‚eine Gestaltung der Gewerbefläche auf mehreren Ebenen prüfen werde’. Davon sei auf den gezeigten Plänen allerdings nichts zu sehen gewesen. Der jetzt von der Ratsmehrheit favorisierte Plan komme mit dem nur um 1,85 Meter reduzierten Höheneingriff der Ursprungsplanung sehr nahe. Und diese Planung sei von der Bevölkerung ganz entschieden abgelehnt worden.
„Wir als Bürger erwarten,“ zieht die Ischeroth-Initiative ihr Fazit, dass die Interessen des Gemeinwohls und die einer gesunden Stadtentwicklung über den Wünschen von Investoren nach „billigem Gelände“ stehen. Thomas Löw erinnert in diesem Zusammenhang auf den vielsagenden Satz im Regionalplan (Seite 55): „Uneingeschränkt begrüßt wird die Planung allein durch die IHK Siegen“. Diese sei eine bestens finanzierte Lobbygruppe, die für ihre Mitglieder im Kammerbezirk jetzt in Freudenberg störende Industrie auf einem ganz markanten Höhenzug konzentrieren wolle. „Dafür werden die bezahlt. Das kann man denen nicht vorwerfen. Aber man darf schon von unseren Stadtverordneten erwarten, dass sie zwischen solchem Wunsch- und Anspruchsdenken und dem unterscheiden können, was die Zukunftsfähigkeit von Freudenberg als attraktivem Lebensraum tatsächlich stärkt.“
Rolf Kolb macht aufmerksam, dass der kleine Ort Bühl schon 16 Hektar seiner Fläche für Gewerbeansiedlungen zur Verfügung stellte (Wilhelmshöhe I: 9 ha, Bühler Höhe: 7 ha). Damit sei einerseits belegt, dass es keine grundsätzliche Ablehnung gegen Flächen für Industrie und Handwerk gebe, andererseits sei damit aber auch für die Bevölkerung das noch zu ertragende Maß erreicht. Nur wegen des Investoren-Interesses solle ein Industrie-Hochplateau entstehen, dass so weder zu den Orten noch in die Landschaft passt. „Mit Wilhelmshöhe-Nord wird den Menschen gefühlt ihr heimatliches Umfeld, ihr in die Landschaft eingepasstes Zuhause genommen,“ so Rolf Kolb. „Immissionen statt Ischeroth wird niemals für uns eine Lösung sein!“
Aus das Wohngebiet rund um das Krankenhaus würde demnächst als Fernblick das GIB Wilhelmshöhe-Nord haben: „So ist die Wirkung, wenn solche Industrieflächen am höchsten Punkt von Freudenberg entstehen sollen.