„Nach dem Votum der Landesplanungsbehörde liegt der Ball wieder in Freudenberg, wo jetzt der Rat über eine Flächennutzungsplanänderung und einen Bebauungsplan entscheiden muss, wie oder ob überhaupt ein ‚Industriegebiet Wilhelmshöhe-Nord’ realisiert werden soll“, erklärt Ortsvorsteher Friedhelm Höfer. Deshalb habe die Bühler Initiative, die sich gegen dieses Mammut-Projekt stark macht, die Freudenberger Bürgermeisterkandidaten um ihre Stellungnahme gebeten.
„Ich bin da sehr vorsichtig – wir sind ja noch vor der Wahl -, aber es scheint, als ob der bisherige Frontalkurs gegen die Orte und die Landschaft eine Kurskorrektur erfahren könnte“, erhofft sich Ortsheimatpfleger Rolf Kolb nach erster Durchsicht der Rückmeldungen.
Als eindeutiger Gegner des Projektes GIB Wilhelmshöhe-Nord positioniert sich Rainer Beel: „Ich lehne das Vorhaben ab, da ich es für fehlplatziert und ökonomischen Unfug halte. Wir haben nichts zu verschenken: kein Geld und keine Landschaft.“ Beel erinnert daran, die Stadt habe massiv in Gewerbeflächen investiert, trotzdem seien die Einnahmen aus Gewerbesteuer weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Deshalb müsse in Zukunft bei der Ansiedlung neuer Firmen nicht gefragt werden, wie viele, sondern welche. „Ich bin kein grundsätzlicher Gegner neuer Gewerbegebiete, aber Nutzen und Potential müssen vorher klar sein“.
Die stellvertretende Bürgermeisterin Nicole Reschke (SPD) zeigt sich zunächst grundsätzlich überzeugt, „dass wir in Freudenberg Gewerbeflächen zur Erweiterung und Neuansiedlung von Unternehmen in Autobahnnähe vorhalten müssen“. Das Ausmaß des Eingriffes in die Natur gelte es indes verträglich zu halten.
Reschke: „In den kommenden Monaten sollten wir nun sachlich und mit der gebotenen Ruhe über das weitere Vorhaben beraten und prüfen, ob und in welcher Form eine Umsetzung möglich ist – gemeinsam mit den Anwohnerinnen und Anwohnern über Höhenlage, Abschirmung und insbesondere die Klärung der Eigentumsverhältnisse sprechen“. Eine „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ strebe sie nicht an, wenn dann müssten gemeinsame Lösungen aufgezeigt werden. Sie sei überzeugt, man müsse sich aufeinander zubewegen, um im Idealfall zu einer für alle Seiten befriedigenden Lösung zu kommen.
„Hinter dem juristischen Begriff „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ verbirgt sich die in der letzten Wahlperiode vom Stadtrat ins Spiel gebrachte Überlegung zu einer Enteignung der Waldgenossenschaften, um das Industriegebiet auch gegen deren Willen umsetzen zu können“, erinnert Thomas Löw .
Diese Frage greift dann ebenso die CDU-Bewerberin für das Bürgermeisteramt, Heide Batz, auf: „Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, wie sie bereits andiskutiert worden ist, sehe ich hier nicht. Vielmehr ist eine Gesamtlösung zu suchen, die von allen Seiten mitgetragen wird und auch Alternativen berücksichtigt“. Auch sie hatte vorausgeschickt, für eine gesamtstädtische Entwicklung bedürfe es auch einer Erweiterungsmöglichkeit für Unternehmen und Firmen. Heide Batz weiter: „Ob der Ischeroth mit seiner naturräumlichen Vielfalt und als signifikantes Landschaftsmerkmal dafür geeignet ist, sollte aus meiner Sicht in Ruhe besprochen und ergebnisoffen abgewogen werden“. Die bestehenden Bedenken müssten ernst genommen und berücksichtigt werden.
„Es ist schon bemerkenswert, wie hier jetzt ein Weg über ‚Ruhe und Besonnenheit’ beschrieben wird, während IHK und Regionalrat gleichzeitig noch einer „Umsetzung ohne Einschränkung“ das Wort reden“, finden Friedhelm Höfer, Rolf Kolb und Thomas Löw.
Da jetzt ja alle Entscheidungen in den Händen der Freudenberger Stadtverordneten und Fraktionen lägen, sollen diese in einem Brief noch einmal über die Bühler Anliegen informiert werden, den Ischeroth nicht zu zerstören. „Wir müssen weiter aktiv bleiben“, sind sich die Bühler einig. Zwar habe keiner der möglichen neuen Stadtoberhäupter „Hurra-Parolen“ für Wilhelmshöhe-Nord zum Ausdruck gebracht, aber man könne auch keinesfalls sicher sein, wie die Abkehr von der viel zu großen und landschaftszerstörenden Planung komme.
„Wir erkennen durchaus das Verständnis der Bürgermeisterbewerber für unser Anliegen an, auch den Wunsch zum Dialog“. Geplant ist deshalb nach den Sommerferien eine Bürgerversammlung durchzuführen, in der die Ratsfraktionen ihre Standpunkte und Abwägungen vortragen sollen und in der mit ihnen diskutiert werden kann.
Die Antwortbriefe der Bürgermeister-Kandidaten Heide Batz, Nicole Reschke und Rainer Beel sind nachfolgend zur Information eingestellt.